Category: Editions

Amin El Dib – Jacques – Mehr als ein Blick

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Amin El Dib

Jaques

Mehr als ein Blick

11m2 und C-Editions präsentieren die erste gemeinsame 11m2 Publikation. Das hochwertig gedruckte, schmale Büchlein im Format 23 x 23cm enthält eine Edition von Amin El Dib. Das Motiv: Jacques! Gedruckt von Artificial Image. Text: Rafael von Uslar
Die Auflage: 25 signierte und nummerierte Exemplare.
100

 

Susanne Rottenbacher

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Foto: Claus Rottenbacher

Susanne Rottenbacher: €350

Orange Crush, 2015

Auflage: 75, auf Zertifikat signiert, datiert

I’ve got my orange crush

Es ist ein Cocktail der besonderen Art: Auf dem Rand eines hohen Longdrinkglases thront eine, vermittels eines Einschnittes aufgesteckte, im Profil gezeigte Scheibe. Im Inneren des Glases türmen sich würfel-förmige Gebilde locker übereinander. Ihnen zur Seite erscheint in einem zunächst gradlinigem vertikalen Verlauf ein schlauchartiges Gebilde, in schräger Stellung gegen den Rand des Glases gelehnt. Dann, kaum dem Glasrand entwachsen, ändert es die ursprüngliche Ausrichtung, um in der Horizontalen ein paar kühne Drehungen zu nehmen. Schließlich, zu seinem Ende hin, findet es einmal mehr in die Vertikale zurück. Das vorauseilend identifizierende Erinnerungswissen erschließt: Ein Cocktailglas, mit per Einschnitt aufgesteckter Zitrusscheibe, Eiswürfeln, nebst so genanntem Spiraltrinkhalm. Dieses erkannte Bild ist der Ausgangspunkt einer detaillierten Betrachtung, die sich detektivisch im Aufspüren zahlreicher signifikanter Abweichungen das gesehene Bild erschließt. Es beginnt damit, dass am Ende jenes ein Longdrinkglas abbildende Kunststoffbehältnis über eine eigne Stromzufuhr verfügt, deren Kabel in der inneren Bodennähe des „Glases“ ihren Eintritt findet.

Bei der, einen Spiraltrinkhalm, – man spricht hier auch von Kreativtrinkhalmen, -abbildende Röhrenfigur handelt es sich um einen, von einem dunkel-orange-farbenem Plastikschlauch überzogenem Draht. Die Eiswürfel darstellenden Kunststoffkuben sind mit unterschiedlich farbigen Folien beklebt und zum Teil mit Streifenmustern überzogen. Jeder Kubus trägt in sich ein LED-Leuchtmittel. Die Kuben sind untereinander mit einem Kabel verbunden, das schließlich nahe dem Boden des Glases aus der Skulptur austritt und in einen, die Stromzufuhr regulierenden Adapter mündet. Bedingt durch die Folien leuchten die Kuben in einer Vielzahl von zum Teil wechselnden Farben. Im Wortsinne buntes Licht füllt das Glas und strahlt über dieses hinaus.

Lasst die Eiswürfel noch so farbig leuchten, der Star des Ensembles ist die Zitrusscheibe! Eine Plexiglasscheibe mit einem Durchmesser von immerhin 9cm ist beidseitig bedruckt mit einem jeweils gespiegelten Linienmuster, das der Kreisform der Scheibe folgt. Der halbe Zentimeter den die Tiefe des Plexiglaskörpers ausmacht, wird zu einem spannenden Raum. Hier treffen die Linien mit genug Abstand aufeinander, um, je nach Stellung der Scheibe, dem parallelen Verlauf der Linien zu folgen. Sie verschmelzen bis man sie schließlich nach erfolgreicher Trennung einander überholen sieht.

Das Muster lässt dabei ebenso an konstruktivistisches Graphikdesign der 20er/30er Jahre denken wie an die Streifenmalerei auf den großformatigen Lichtskulpturen der Künstlerin. In der Scheibe werden Susanne Rottenbachers Ringskulpturen zitiert, die Würfel erinnern an aufgebrochene kubische Figuren. Der Spiraltrinkhalm schließlich evoziert das Bild ihrer neueren Schlauch- und Spiralfiguren.

Ein Cocktail ist ein Mixgetränk, in dem verschiedene Zutaten in einem bestimmten Verhältnis aufeinandertreffen und idealerweise einen neues, eigenes Geschmacksereignis erzeugen, das so eindeutig und prägnant ist, dass es sich als eigene erinnerbare und kommunizierbare Größe erweist. Orange Crush, das ist die Susanne Rottenbacher-Retrospektive im Longdrinkglas, eine wunderbar ironische Zusammenfassung der eigenen künstlerischen Bildersprache. Es ist aber auch ganz einfach ein sehr schönes, diskret farbenfrohes Multiple, das wo auch immer wie zufällig abgestellt, seinen Auftritt hat und darin einen gänzlich eigenständigen Charme entfaltet.

Rafael von Uslar

Anny undSibel Öztürk

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Anny und Sibel Öztürk: €290
Die Badenden, Collage, Unikat in Serie,  2014
Auflage: 11, nummeriert, signiert, datiert

 

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Anny und Sibel Öztürk: €120
Monstera, Collage, Unikat in Serie, 2014
Auflage: unlimitiert,  nummeriert, signiert, datiert

Troy-Anthony Baylis

Troy- Anthony Baylis: €30

Handklatschen 3 Cheers 4 Aboriginal Art, Auflage 100, signiert und nummeriert, 2016.

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Foto: Boris von Brauchitsch, Berlin

An einem roten Griff sind eine äußere schwarze, eine innere rote, sowie eine äußere gelbe Handform befestigt. Die beiden Äußeren sind mit grob angedeuteten Darstellungen von Fingernägeln „verziert“. Bei diesem Gegenstand handelt es sich laut Auskunft eines angehängten Etiketts, um eine sogenannte “Handklatsche”, ein Kunststoffgewordenes Klapperinstrument. Einer Handrassel vergleichbar wird sie an ihrem Griff gehalten und durch leichte, aber ruckartige Vor- und Rückwärtsbewegungen der Hand aktiviert. Die drei, Hände abbildende Plastikteile werden so auseinanderbewegt, um sogleich wieder aufeinander zu klatschen. Das dabei entstehende Geräusch zeichnet sich weniger durch komplexe Musikalität aus, es erreicht vielmehr mit hell-schepperndem Geklapper, einen gewissen, wohl erwünschten, Geräuschpegel.

In den Farben schwarz, rot, gelb, gilt die Handklatsche als Fan-Artikel, um etwa bei internationalen Fussballereignissen Sympathie für eine deutsche Mannschaft zu bekunden. Warum das nicht eben sympathische Geräusch, dass durch Betätigung dieser Klatsche erzeugt wird, ausgerechnet Sympathie und nicht vielmehr Antipathie ausdrücken soll, muss an dieser Stelle ungeklärt bleiben.

Klären lässt sich jedoch, die vom Künstler vorgenommene kreative Umwidmung des Gegenstandes. Als der indigene australische Künstler, Harold Thomas, 1971 die Flagge der Aborigines entwarf, setzte er auf eine zweigeteilte Fläche, oben schwarz, unten rot, eine gelbe Rundform. Seit die australische Regierung die Flagge 1995, als eine Flagge Australiens offiziell angenommen hat, teilen sich Deutschland, Belgien und die Aborigines diese Dreifarbigkeit als Zeichen ihrer Nationalität.

Die stilisierte Darstellung von Händen ist ein sehr traditionsreiches Bildzeichen in der Kunst der Aborigines. Stilisierte Handdarstellungen spielen darüber hinaus im nationalen Gedenken der Australier an die schrecklichen Verluste im ersten Weltkrieg, beim Anzac Day eine Rolle. Sie sind ebenfalls ein wichtiges Bildsymbol im Gedenken an die Verfolgung und Ermordung zahlloser Aborigines, im Rahmen von Reconciliation Day Veranstaltungen. In dem vermeintlich deutschtümelnden Fanartikel, lässt sich vor diesem Hintergrund, also ein ausgesprochen inhaltsbeladenes australisches Objekt ausmachen!

In seiner Umwidmung des Fanartikels, zu einem auf einem Readymade basierenden Multiple, tritt Troy-Anthony Baylis einmal mehr in einen Dialog zu dem, von ihm sehr geschätzten amerikanischen Künstler Cary S. Leibowitz. Leibowitz bedruckte für sein Multiple Ice cream 4 art, fünf aus Kunststoff gefertigte Eiscremeportionierer mit Texten: Ice Cream 4 Cubism, Ice Cream 4 The Baroque, Ice Cream 4 P.C. Art, Ice Cream 4 Photo Realism und vor allem Ice Crream 4 Abstract Expressionism. Es ist schließlich naheliegend für einen Künstler, der Kunst ebenso wie Eiscreme liebt, jeden Löffel Gefrorenes einer bevorzugten Kunstrichtung zu widmen. Auch dies ist letztlich ein Fanartikel.

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  Cary S. Leibowitz

Einem Sammler, der sowohl Leibowitz sammelt, als auch dessen Geschmack für Kunst nur annähernd teilt, ermöglicht dies, in einer Hängung, dem passenden Kunstwerk einen, seinem Stil gewidmeten Leibowitzschen Plastik-Eisportionierer an die Seite zu stellen, so wie anderenorts Preise verliehen werden, oder Orden. Leibowitz im Sinn, reiht Baylis „Aboriginal Art“ ein in den Kanon, der mit Eiscreme oder eben Handklappern zu huldigenden Kunstrichtungen und bezeichnet damit zugleich eine prominente Leerstelle vieler internationaler, öffentlicher, wie privater Kunstsammlungen.

Mit Handklatsche 3 Cheers for Aboriginal Art, zollt Baylis somit seinem indigenen Herkommen, Australischer Geschichte, einem Multiple von Cary S. Leibowitz und schließlich der Kunst der Aborigines insgesamt und überhaupt Tribut. Mit einem einfachen Schriftzug, einer Signatur, nebst Nummerierung und Datierung wird aus einer musikalisch ärmlichen und in ihrem stumpfen nationalen Bezug ausgesprochen peinlichen Plastikklapper, ein an kunsthistorisch-internationalen und historisch- australisch-nationalen Bezügen ebenso reiches, wie kluges Kunstobjekt. Oder: Einem dümmlichen „Fanartikel“ aus dem 1€ Shop, mit viel Ironiebewußtsein und Humor, so viel mehr Sinn zu verleihen, ist eine echte Klatsche für jedweden nationalen Stumpfsinn!

Eine derartige Anreicherung beweist einmal mehr, dass Bereicherungen der Sichtweise auf das Eigene, oft erst im interkulturellem Dialog zustande kommen. Um in diesem Zusammenhang ein weiteres Beispiel zu nennen: Gute Nachrichten für den deutschen Stammtisch. In Australien steht das Kürzel AfD für Alcohol free Day.

Let’s make some noise for Aboriginal Art!

Rafael von Uslar, Berlin

 

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Troy-Anthony Baylis: €15

Plakatedition 11m2, Auflage 9, signiert und nummeriert, 2016